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Fünf Fragen an Jaspar Röh

Jaspar Röh studiert „Nachhaltiges Wirtschaften“. Neben seinem Studium arbeitet er bei der Non-Profit-Organisation Teikei Coffee, die solidarisch gehandelten und gesegelten Kaffee vertreibt. Im Interview spricht er über seine Aufgaben bei Teikei Coffee und erzählt, welche Bedeutung für ihn die kunstpraktischen Übungen im Bachelorstudiengang haben.

1.    Sie studieren „Nachhaltiges Wirtschaften“ an der Alanus Hochschule. Was ist das Besondere an diesem Bachelorstudiengang? 


Würde mich ein Freund fragen, der nicht an der Hochschule studiert, würde ich wohl die künstlerischen Inhalte nennen. Wirtschaftswissenschaftliche Betrachtungen sind wichtig, aber am Ende wird Wirtschaft von Menschen gemacht. Da liegt es nahe, sich gelegentlich auch ganz praktisch mit diesen Konzepten zu beschäftigen. Was wir künstlerisch bisher gemacht haben, war für mich vor allem eine Auseinandersetzung mit mir selbst, meinen Mitstudierenden und Dozierenden und weniger die Bearbeitung einer Sache. Das war bereichernd und hat sicher auch meinen Blick für mich und andere Menschen geschärft.
Neben der Kunst und den vielen unterschiedlichen Kursen ist für mich aber auch das Umfeld der Hochschule etwas Besonderes. Gespräche am Bauwagen während des Sommersemesters, die informellen Diskussionen nach dem Seminar, gelegentliche Gespräche mit den Dozierenden, die ich langsam besser kenne und die vielen studentischen Initiativen wie die „Public Climate School“ letztes Semester oder das „Wohnzimmer-Kollektiv“ sind Dinge, die ich lieb gewonnen habe.
 

2.    Was ist Ihr Lieblingskurs/-seminar?


Das ist eine schwierige Frage, weil es für mich die Mischung ist. Manche Grundlagenveranstaltungen mögen etwas trocken sein, aber ich halte sie für notwendig. Wenn ich ehrlich bin, begeistern mich die Fragen: Warum wir unsere wirtschaftlichen Zusammenhänge wie z.B. den Aufbau von Organisationen oder Mechanismen von Preisbildung so gestalten, wie wir sie gestalten. In manchen Veranstaltungen gibt es mehr Raum für so eine Auseinandersetzung. In diesen habe ich das Gefühl besonders dann viel zu lernen, wenn der oder die Dozierende das Thema und die Studierenden ernst nimmt und auch wirklich eine eigene Haltung dazu hat.
 

3.    Sie arbeiten für die Non-Profit-Organisation Teikei Coffee. Wie funktioniert der Anbau und Vertrieb des solidarisch gehandelten und gesegelten Kaffees?


Ja, das ist eine total tolle Initiative, an deren Aufbau ich neben dem Studium mitwirke. Wir orientieren uns an den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft: Der Preis soll beispielsweise nicht einfach über den Weltmarkt diktiert, sondern über einen Dialog mit Produzierenden, Verarbeitenden und Kaffeetrinkenden besprochen werden und für alle sinnvoll sein. Wir wollen nicht eine Ware möglichst niedrig bezahlen (eine Praxis bei der ja nicht selten an anderer Stelle sogenannte „externe Kosten“ entstehen), sondern die Arbeit der involvierten Menschen finanzieren und im Gegenzug guten, möglichst ökologischen und sozial vertretbaren Kaffee erhalten. So haben wir jetzt schon zwei Jahre lang Kaffee mit dem Segelschiff von Mexiko nach Hamburg transportiert. Ein großer Teil des Kaffees geht von dort aus an Verbrauchergemeinschaften in ganz Deutschland. Es gibt ihn aber auch in immer mehr Cafés, Unverpacktläden und unserem Online-Probiershop.
Obwohl anstrengend, macht mir das Halten des Spagates zwischen Ideal und Praxis am meisten Spaß: Allein in Idealen zu schwelgen, hilft keinem und sich nur an der bisherigen Praxis zu orientieren, ist auch keine Lösung. Wenn man anfängt, etwas anders zu machen und dabei aber als Unternehmen lebensfähig sein muss, wird es wirklich spannend und irgendwie „echt“.
 

4.    Was ist Ihre Aufgabe bei Teikei Coffee?


Das ist sehr unterschiedlich, weil wir als junge Initiative so viele verschiedene Fragen bearbeiten müssen. Es gibt noch keine Abteilungen oder feste Rollenbeschreibungen, obwohl wir natürlich versuchen, Aufgabenbereiche immer klarer abzugrenzen. Wirklich angefangen hat meine Tätigkeit mit der Verantwortung unserer Crowdfunding-Kampagne Anfang 2018. Da hatte ich schon ziemlichen Respekt vor, weil ich sowas noch nie gemacht habe. Am Ende haben wir 40.000 Euro eingenommen. Seitdem bin ich z.B. in die Finanzen involviert. Momentan müssen wir schauen, wie wir die 30 Tonnen Kaffee und den dieses Jahr deutlich teureren Segeltransport vorfinanzieren können.
Zudem begleite ich moderierend auch immer wieder schwierige Abschnitte im Team, wenn wir uns z.B. entwickeln oder es Konflikte gibt. Jetzt gerade bin ich mit Zertifizierungs- und Versicherungsfragen beschäftigt.
 

5.    Welche Menschen inspirieren Sie immer wieder aufs Neue?


Darüber habe ich vor einer Weile schon einmal nachgedacht: Mir ist aufgefallen, dass ich schon in meiner Kindheit keine klassischen Idole hatte, die ich angehimmelt habe und die dann als Poster in meinem Zimmer hingen – obwohl es immer wieder Menschen gibt, die mich tief beeindrucken. Eine Zeit lang waren das Charaktere, die besonders stark „Lebemenschen“ waren, also sehr aus sich herausgekommen sind und sich in große Abenteuer gestürzt haben. Eine Weile habe ich auch viel von Helmut Schmidt und später von dem kanadischen Psychologen Jordan Peterson gelesen. Vielleicht mag ich es, wenn Menschen sich auch in schwierigen Momenten treu sind und ihre Gedanken und Meinungen kristallklar formulieren können. Ich glaube, diese Fähigkeit ist – in einer so komplizierten Welt wie der unseren – sehr wichtig. Ganz egal, was ich von der Äußerung einer anderen Person halte: Erst wenn jemand klar sagt, was er denkt, habe ich das Gefühl, inhaltlich wirklich ein Gegenüber zu haben und dann vielleicht zu einem Punkt zu kommen, an dem ich etwas Neues denken und verstehen kann.
In letzter Zeit inspirieren mich aber einfach Menschen, die geistesgegenwärtig sind, also im Hier und Jetzt präsent sind, auch bei kleinen Dingen. Das zu können, kann man, glaube ich, nicht oft genug üben.

Fünf Fragen an Jaspar Röh