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Perspektiven aus dem digitalen Atelier

Wie studieren angehende Kunstlehrer:innen in Corona-Zeiten?

Was macht uns als Menschen aus? Welche Aspekte des Menschseins werden uns in der aktuellen Situation ganz besonders bewusst? Dies fragen sich an der Alanus Hochschule nicht nur die Philosophie-Studierenden. Diese Fragen leiten auch deren Kommiliton:innen im Masterstudiengang Lehramt Kunst, der auf die Lehrtätigkeit an Gymnasien, Gesamtschulen und Waldorfschulen vorbereitet: Bei der künstlerischen Arbeit im Seminar zu Kunstunterricht an Waldorfschulen nähern sich die Studierenden dem Wesen des Menschen durch die Kunst. Skulptural und malerisch setzen sie sich gemeinsam mit ihren Dozierenden Beatrice Cron (Professorin für Malerei) und Helmut Hinrichsen (Dozent für Werken und Bildhauerei) mit der anthroposophischen Sichtweise auf das Mensch-Sein auseinander.

Der stetige Austausch zwischen den Studierenden untereinander und zusammen mit Helmut Hinrichsen und Beatrice Cron ist den beiden Lehrenden sehr wichtig. Da die gemeinsame Arbeit im Atelier jedoch aktuell nicht möglich ist, versuchen die Lehrenden die Begleitung der Prozesse und die gemeinsame Betrachtung der Projekte durch die aktive Nutzung von virtuellen Räumen sowie mit regelmäßigen Gesprächen auszugleichen. „So inspirieren wir uns gegenseitig“, sagt Helmut Hinrichsen.

Die Studierenden senden täglich Fotos ihres Prozesses per Mail, welche dann wiederum dem gesamten Kurs zur Verfügung gestellt und in einem allabendlich stattfindenden Zoom-Meeting gemeinsam betrachtet werden.

Während Helmut Hinrichsen in den Seminarzeiten in der Holzwerkstatt an der Alanus Hochschule arbeitet und somit diesen vertrauten Schaffensraum für die Studierenden lebendig hält, sind die Kursteilnehmenden zuhause oder in ihrem eigenen Atelier tätig. Um dem heimischen "Corona-Blues“ vorzubeugen, leiten die Dozierenden täglich aktivierende Körperübungen oder Aufgaben, die mit einem Spaziergang verbunden sind, an. Außerdem rät Helmut Hinrichsen das Atelier nicht dort einzurichten, wo normalerweise der PC oder der Schreibtisch steht, sondern neue Orte für die Atelierarbeit zu finden und beispielsweise auch einfach mal auf dem Boden zu arbeiten.

 

Stefan Adascalitei ist einer der Studierenden im Masterstudiengang Lehramt Kunst und berichtet im Interview von seinen Erfahrungen im Seminar für Kunst und Waldorfpädagogik
 

Woran genau haben Sie im Rahmen dieses künstlerischen Seminars gearbeitet?

Wir haben daran gearbeitet, die Qualitäten bestimmter Bereiche wie "das Mineralische" individuell zu erleben und künstlerisch umzusetzen. Ich versuche gerade der "Menschlichen Qualität", die sich allgemein nur schwer definieren lässt, Ausdruck zu geben. Es geht mehr um ein Ausprobieren, um eine Suche nach Form und Farbe, als darum ein konkretes Ergebnis zu erzielen.

Atelierarbeit von zuhause aus: Was sind die Vor- und Nachteile? 

Wenn ich mir "Atelierarbeit" vorstelle, dann denke ich an eine äußere Tätigkeit, an einen analogen Prozess, den ich vollziehe. Sobald Atelierarbeit digital und im Privatraum stattfinden sollte, erlebe ich einen Widerspruch. Es geht nicht allein um die räumliche Umstellung, sondern auch um die Stimmung, Dynamik und Einstellung. All das, auf das mein soziales Umfeld normalerweise beeinflussend wirkt.
Deshalb fallen mir zuerst Nachteile ins Auge, die mich an meiner künstlerischen Arbeit hindern: Mein Spielraum ist beschränkt auf die Materialien und das Werkzeug, das ich zuhause finde. Die Resonanz, die Anregungen, die Inspiration und den Austausch erlebe ich aus meinem Zimmer nur begrenzt.

Aber zum Glück haben die Dozierenden individuelle Wege gefunden, damit wir Studierende ins Tun kommen. Mit eigenen kleinen Forschungsarbeiten finde ich meinen individuellen Zugang zu der praktischen Arbeit. Dafür sind Spaziergänge und Beobachtungen mit genügend Zeit eingeplant.

Von Vorteil ist bei dieser Art des Unterrichtens, dass ich mich auf mein eigenes Tempo einlassen kann. Die Aufgaben sind für uns alle die gleichen, aber wie ich meinen Arbeitsprozess gestalte, das bleibt mir überlassen. So erlebe ich eine Ruhe und eine intensive Konzentration, die ich brauche, um in einen gestalterischen Prozess einzutauchen. Man kann es auch umdrehen und sagen: Die Kreativität wird gefördert, indem wir mit eingeschränkten Möglichkeiten und simplen Materialien mehr erschaffen.
Mit einem guten Ausgleich zwischen vorgegebenen Aufgaben und künstlerischer Freiheit läuft es meistens sehr gut. Das braucht aber viel Motivation und eigenen schöpferischen Drang. Wenn ich so allerdings keinen Zugang zu meiner Arbeit gefunden habe, fehlt mir die Gemeinschaft, die mich sonst im Präsenzunterricht zurückholt und weiter antreibt oder einfach inspiriert. Wenn ich dann einmal aus „dem Flow“ raus bin, finden sich im Privatraum schnell Dinge zum Ablenken...

Wie gut funktioniert deiner Meinung nach die digitale Begleitung künstlerischer Prozesse?

Inhaltlich und theoretisch bieten uns die digitalen Räume eine große Auswahl an Möglichkeiten. Viele kognitive Prozesse können besser begleitet werden. Die künstlerischen Prozesse dagegen stützen sich auf die Gesellschaft, sind sie selber ein Stück weit Sozialprozess. Daher lassen sie sich meiner Meinung nach nur bedingt digital begleiten.
Ein etwas überspitzter Vergleich dafür wäre folgender: Jeder kennt das tolle Gefühl, das man erlebt, wenn man chorisch singt. Versuche beim nächsten Zoom Meeting ein Lied gemeinsam zu singen und vergleiche die Ergebnisse miteinander.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Perspektiven aus dem digitalen Atelier