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Nachhaltigkeit und Schule

Interview zum Forschungsprojekt

 

Wie stehen Jugendliche heute - also auch die Vertreter der fridays for future-Bewegung - zu Themen der Nachhaltigkeit? Welche Rolle spielt dabei, welche Schule sie besuchen? Diesen Fragen geht ein Forschungsprojekt aus dem Fachbereich Bildungswissenschaft nach. Die beteiligten Professor:innen untersuchen dazu Wissen, Einstellungen und Verhalten von Schüler:innen verschiedener Schulformen - auch Waldorfschulen.

 

Ein Interview zum Start des Forschungsprojektes "Umweltbewusstsein und Umweltverhalten – Herausforderungen und Gestaltungspotentiale der Generation Z unter besonderer Berücksichtigung einer waldorfpädagogischen Sozialisation" mit den beteiligten Forscher:innen Prof Dr. Janne Fengler, Prof. Dr. Stefanie Greubel und Prof. Dr. Jost Schieren.

  • Frage: Euer Forschungsprojekt ist zum einen auf Fragen der Nachhaltigkeit und der Ökologie und zum anderen auf die Bewegung für Klimagerechtigkeit „Fridays for Future“ ausgerichtet. Könnt Ihr uns diesen Zusammenhang näher erläutern?

Janne Fengler: Unser Ausgangspunkt war das Phänomen, dass seit nun schon längerer Zeit so viele junge Menschen auf die Straße gehen, um für Anliegen zu streiken, die auf den ersten Blick weit von ihrem unmittelbaren Erfahrungsbereich zu liegen scheinen und die z.T. über ihre eigene Lebensspanne hinaus reichen. Sie lassen sich von Herausforderungen der heutigen Zeit bewegen, die sie auch einfach vorbeirauschen lassen könnten. Stattdessen könnten sie in eigener Privatheit ein komfortables Leben führen, ohne sich mit Fragen, die mit dem Klimawandel zu tun haben, zu befassen, das ist deutlich bequemer. Daraus sind bei uns Fragen entstanden – u.a.: wie sich solche Wertvorstellungen entwickeln, was passieren muss, damit man mit diesen tatsächlich protestierend und demonstrierend umgeht und wie diese mit dem konkreten eigenen Konsumverhalten und Lebensstil in Verbindung stehen.

Stefanie Greubel: Wir haben uns gefragt, ob es eine Diskrepanz zwischen dem, was wir eigentlich tun wollen und dem, was wir tatsächlich tun, gibt. Haben wir höhere Ziele, was unser umweltbewusstes Verhalten angeht und können es aber nicht immer in dem geeigneten Maße umsetzen? Und wenn ja, woran liegt es, dass wir es nicht umsetzen können und inwiefern frustrieren uns manche Dinge, die mit diesem Verhalten zusammenhängen?

Jost Schieren: Wir möchten gerade an der Schnittstelle von Bewusstsein und Wissen auf der einen Seite und Haltung und Lebensform auf der anderen Seite unser Forschungsprojekt ansiedeln. Wir versuchen festzustellen, wie ein latentes Wissen über Umweltfragen mit der tatsächlichen Lebenshaltung zusammenhängt, die Kinder und Jugendliche entwickeln. Und eine besondere Fragestellung ist: Welchen Einfluss haben Bildung und Schule?

  • Frage:  Bei Euch spielt die Waldorfpädagogik eine besondere Rolle. Könnt ihr uns genauer erklären, wie Ihr hierbei vorgeht und welche Bedeutung die Waldorfpädagogik haben soll?

Jost Schieren: Uns interessiert, ob verschiedene pädagogische Modelle und Ansätze auch zu unterschiedlichen Wissens-/Bewusstseinszuständen bzw. Haltungs- oder Lebensformen führen. Die Waldorfpädagogik legt ihren Anspruch auf ein naturnahes, ganzheitliches Konzept und hat auch den Ruf, ökologisch aufgestellt zu sein. Daraus entspringt die Frage, welchen Einfluss pädagogische Ansätze auf Kinder und Jugendliche, die auf eine Waldorfschule gehen, im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen einer Regelschule haben. In unserem Forschungsprojekt werden also Waldorfschulen mit Regelschulen in ähnlichen Milieus verglichen.

  • Frage: Ihr führt dieses Forschungsprojekt an der Alanus Hochschule durch. Wie hängt das Projekt mit der Alanus Hochschule und dem Fachbereich Bildungswissenschaft zusammen?

Jost Schieren: Die Alanus Hochschule hat den Titel einer Fairtrade University erhalten und setzt selber einen Fokus auf den zentralen Wert der Nachhaltigkeit. Wir versuchen in den Ausbildungsgängen für Kunst und Gesellschaft eine Bildung zu veranlagen, die für die Studierenden eine gesellschaftliche Verantwortung impliziert, d.h. eine Ökonomie, die nicht nur auf Gewinnmaximierung aus ist, und wenn wir auf die Bildung schauen, eine Bildung, die den ganzen Menschen meint. Wir haben das Ziel, Waldorfpädagogik besser und empirisch breiter zu erforschen.

Janne Fengler: Im Bachelor-Studiengang Kindheitspädagogik ist es uns ein Anliegen, die Waldorfpädagogik und andere reformpädagogische Richtungen mit klassischen pädagogischen Konzepten in Dialog zu bringen – in der Qualifizierung unserer Studierenden sowohl wissenschaftlich-reflexiv als auch in Bezug auf die konkrete pädagogische Praxis. Das in der Reformpädagogik so stark Handlungsorientierte, das häufig auch besondere Akzente in der Natur- und Umweltpädagogik setzt, ist sehr anschlussfähig für Vieles, was heute unter den Begriffen der „Nachhaltigkeit“ oder „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ firmiert – im Sinne von Bewusstsein und Haltung wie auch im Sinne des Doings: Wenn ich mich im konkreten Erleben der Natur aussetze, und mich mit ihr auseinander setze, besteht eine gute Chance, dass dies, weil ich mit Kopf, Herz und Hand in Bezüge trete und hierauf bezogene Lernerfahrungen mache, den Ausgangspunkt für weiteres Interesse bildet.     

Jost Schieren: Vielleicht ist noch hinzuzufügen, dass wir das Anliegen verfolgen, Bildung nicht nur als Wissensvermittlung, sondern auch als Persönlichkeitsbildung aufzufassen. Hier kommt das Forschungsprojekt wieder ins Spiel, das herausfinden möchte, ob die Lebensführung, Lebenshaltung und Lebensform über Bildungsprozesse erreichbar sind.

  • Frage: Das klingt einleuchtend! Wie weit seid ihr mit dem Forschungsprojekt?

Stefanie Greubel: Wir befinden uns noch in der Phase der Voruntersuchungen, d.h. wir haben passende Instrumente konstruiert, erste Pre-Studies durchgeführt und setzen nun eine Revision der Fragebogenitems um. im Laufe des Winters werden wir mit der Hauptuntersuchung starten können.

  • Frage: An wie vielen Schulen führt ihr diese Untersuchung durch?

Stefanie Greubel: Wir haben geplant Schülerinnen und Schüler der Klassen sieben bis 12 aus insgesamt 20 Schulen zu befragen. Gemäß unseres Forschungskonzeptes wird es sich hier um zehn Waldorfschulen und zehn weiterführenden Schulen anderer Trägerschaft handeln.

  • Frage: Werden die Ergebnisse publiziert und wann ist das Projekt voraussichtlich abgeschlossen?

Jost Schieren: Ja, wir möchten unsere Ergebnisse in Publikationen vorstellen und auf Kongressen und Tagungen präsentieren. Das Projekt soll voraussichtlich Ende 2022 fertiggestellt sein.