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Bildungschancen: Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

Etwa 80% der Studierenden stammen aus Akademikerfamilien, so das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Etwa die Hälfte der übrigen 20% aus „Nicht-akademiker-Familien“ schließt das Studium ab.

Die Alanus Hochschule schafft „Bildungs-Räume“, die auch Menschen, die nicht privilegiert sind oder Startschwierigkeiten haben, sich erfolgreich entwickeln können. Ein Gespräch mit Paulina Andrade Schnettler, Gleichstellungsbeauftragte der Alanus Hochschule.

Welche Voraussetzungen spielen - über die finanzielle Situation hinaus - eine Rolle?

Es gibt mehrere Faktoren, einige hängen mit der finanziellen und familiären Situation zusammen, aber sie gehen auch darüber hinaus. Im Wesentlichen geht es darum, denjenigen, die sich nicht in einer privilegierten Situation befinden, gleiche Bedingungen zu schaffen, beispielsweise Möglichkeiten zur Überwindung der kulturellen oder digitalen Kluft;  Zugang zu Networking-Veranstaltungen und beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten; Möglichkeiten zur Vernetzung und dem Zugangs zur Fördermöglichkeiten  für die weitere berufliche Laufbahn. Die beiden letztgenannten Punkte sind auch für Menschen von großer Bedeutung, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, einer Behinderung oder der ethnischen Zugehörigkeit in bestimmten Situationen benachteiligt sein könnten.

Welche Rahmenbedingungen benötigen wir, um weniger Menschen auf ihrem Bildungsweg zu verlieren?

Wir müssen diesen Menschen die Gewissheit geben, dass ihre Zeit an der Hochschule dazu beitragen wird, diese anfänglichen Lücken zumindest erheblich zu verringern. Aber auch der Zugang zu materiellen Ressourcen kann eine große Rolle spielen.

Wir müssen auch die Bereiche identifizieren, die den Unterschied ausmachen: Welches Wissen bringen die einen mit, das die anderen vielleicht nicht haben? Wie viel kann unter „formalem“ Wissen (z. B. Sprachen) eingeordnet werden, und was entspricht dem sogenannten sozialen und kulturellen Kapital? Welche akademischen und Ausbildungsangebote könnten dazu beitragen, diese Unterschiede zu reduzieren?

In diesem Sinne weisen die Einführungsangebote in verschiedene Disziplinen wie Philosophie oder wissenschaftliches Arbeiten, die das Studium Generale anbietet, in diese Richtung. Die Tatsache, dass es sich um Wahlfächer handelt, die je nach den eigenen Interessen und Bedürfnissen gewählt werden können, ist ein Modell, das wir als Vorbild für die Zukunft nehmen könnten.

Aber es gibt auch eine kulturelle Dimension: Es muss sichergestellt werden, dass das akademische Umfeld, in das sie eintreten, respektvoll und hinreichend vielfältig und tolerant ist, so dass einige der oben genannten Faktoren nicht zu einem komparativen Nachteil führen. Aktuell besteht in unserer Hochschule ein großes Interesse an Themen wie der Bedeutung von Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit, das ist ein sehr guter Anfang ist. An der Alanus Hochschule gibt es bereits konkrete Initiativen, von Studierenden organisiert (wie die Themenwoche Geschlechter(un)gerechte Hochschule, die im Mai stattgefunden hat), sie weisen genau in diese Richtung. 

Was macht eine faire, inklusive Hochschule aus?

Vielfalt, Vielfalt, Vielfalt. Wir müssen uns den folgenden Fragen stellen: Wer ist nicht in unseren verschiedenen Statusgruppen vertreten? Aus welchen Gründen? Wen erreichen wir mit unserer Botschaft und unserem Angebot nicht? Und es ist sehr wahrscheinlich, dass viele von ihnen es attraktiv, aber unerreichbar finden.  Die umfassende, humanistische Hochschulbildung, die wir anbieten, ist ein großer komparativer Vorteil. Wir könnten noch daran arbeiten, die strukturellen Bedingungen für den Zugang zur Hochschule zu verbessern.

Je größer die Vielfalt, desto unterschiedlichere Probleme und Herausforderungen werden wir haben; aber unterschiedliche Sichtweisen, um an deren Lösungen zu arbeiten.

Wie könnte das Zutrauen derer gestärkt werden, die eine „Aufwärmphase“ an der Hochschule benötigen?

Eine wichtige Dimension ist die der Weiterbildungsmöglichkeiten in Bereichen wie beispielsweise die sogenannten „Soft Skills“: Wie präsentiere ich mich z. B. in einem Vorstellungsgespräch? Welches (Selbst)Bild will ich vermitteln? In diesem Bereich wurden bereits einige Trainings und Schulungen für Studierenden angeboten, auch im Hinblick auf die Online-Interaktionen.

Es gibt Menschen, die bereits mit Selbstvertrauen an die Universität kommen, das durch Reisen, das Sprechen mehrerer Sprachen oder ihr Geschlecht vorhanden ist. Eine Autorin und Forscherin, Rosalind Gill, veranschaulicht dies am Beispiel des Geschlechts: Es kommt viel häufiger vor, dass eine Frau sagt etwa wie: „Tut mir leid, ich programmiere ‚nur‘ HTML“, während ein Mann in demselben Vorstellungsgespräch dasselbe mit anderen Worten formuliert: „Ich weiß ‚viel‘ über Programmierung: HTML“. Keine:r von ihnen ist daran schuld; die Wirkung ist aber unterschiedlich.

Die Flexibilität und die Bandbreite der Karrieremöglichkeiten, die den Studierenden durch Programme wie den Bachelor in Philosophie, Kunst und Gesellschaftsgestaltung geboten werden, können in dieser Hinsicht große Vorteile bieten. Die Vielfalt der Ausbildung, die zum Beispiel Studium Generale anbietet, ist in diesem Sinne auch ein Plus.

Welche Unterstützungsangebote könnte es noch geben?

Ein Mentoring- oder ein Buddy-System könnte bei einigen sehr gut funktionieren. Andere werden möglicherweise eher psychologische Unterstützung und akademische Betreuung brauchen. In diesem Zusammenhang könnte man unsere Zusammenarbeit mit der Universität Bonn erwähnt werden, durch die unsere Studierenden  Zugang zur psychosozialen Beratungsstelle.

Die Gleichstellungskommission informiert auch über andere Beratungsmöglichkeiten für Menschen aus den LGTTBQ+-Communities.

Faire Bildung beginnt bereits in der Schule. Wie könnten Schulen und Hochschulen die Situation gemeinsam verbessern?

Das ist eine schwierige Frage, denn wir wissen, dass die (öffentliche) Bildung in Deutschland zwar in der regelkostenlos ist und ein allgemeines Recht darstellt, aber wir sehen, dass die Ungleichheiten auf verschiedenen Ebenen immer noch reproduziert werden.

So dauert es im Durchschnitt vier Generationen, bis eine Familie der Armut entkommen kann. Die angewandte Forschung, die darauf abzielt, diese Ketten oder Lücken durchzubrechen, ist der wichtigste Beitrag, den (öffentliche oder private) Hochschulen in diesem Bereich leisten können.

Ich bin der Meinung, dass es einen intensiveren Austausch zwischen Schule und Universität geben sollte, um zum Beispiel die Pluralität zu erhöhen. Es ist immer vom "Girls Day" in Unternehmen oder technischen Hochschulen die Rede, aber warum nicht auch männlichen Studierenden die Pädagogik und die Erziehungsberufe näher bringen? Das wäre ein konkreter Beitrag zur Bewältigung der „Care-Krise“, den wir derzeit erleben.

Bildungschancen: Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft